Osteopathie bedeutet wörtlich übersetzt "Knochenleiden", hat aber nichts mit Osteoporose oder anderen Knochenkrankheiten zu tun. "Osteo" steht hier aus historischen Gründen stellvertretend für alle Arten von Geweben, die vom Osteopathen mit seinen Händen behandelt werden (z.B. Muskeln, Bänder, innere Organe, Gefässsysteme, Nerven, etc.)
Grundsätzlich ist jedes lebendige Gewebe behandlungsfähig. Das bedeutet, dass Menschen jeden Alters und jeder Konstitution erfolgreich behandelt werden können. Der Osteopath konzentriert sich dabei nicht auf die einzelne Krankheit, sondern auf den gesamten kranken Menschen.
Der Osteopathie sind jedoch auch Grenzen gesetzt. Schwere Krankheiten wie zum Beispiel Krebs, akute schwere Körperverletzungen und Knochenbrüche, akuter Herzinfarkt, schwere Stoffwechselerkrankungen und Infektionskrankheiten gehören ebenso wenig zum Arbeitsbereich des Osteopathen wie massive seelische Störungen.
Das Konzept der Osteopathie wurde im vorigen Jahrhundert in Amerika entwickelt. Dr. Andrew T. Still ging davon aus, dass für den Körper drei sich gegenseitig beeinflussende Systeme wichtig sind: der Bewegungsapparat, die inneren Organe und das cranio-sacrale System. Dieses besteht aus dem Schädel, dem Kreuzbein und der Wirbelsäule als Verbindungsstück. Still nahm an, dass der Organismus gesund ist, wenn alle drei Systeme ohne Einschränkung funktionieren.
Diese von Natur aus gegebene Mobilität kann durch Verletzungen und Operationen, Stress, falsche Haltung, aber auch durch Entzündungen von inneren Organen eingeschränkt sein.
Der Kärper versucht zunächst, Fehlfunktionen auszugleichen, bis die Möglichkeiten der natürlichen Regulation ausgeschöpft sind. Beim Patienten treten Schmerzen auf, möglicherweise gar nicht am betroffenen Gelenk oder Organ. Alle drei Systeme des Organismus werden nämlich auf Grund ihrer Verbindungen über Sehnen und Bänder sowie Nerven-, Lymph- und Blutbahnen beeinträchtigt; das verstauchte linke Fussgelenk verursacht Schmerzen im rechten Bein oder in der Hüfte, Beschwerden in der rechten Schulter können auf eine gestörte Gallen- oder Leberfunktion hinweisen, hinter einem Hexenschuss kann sich eine Zyste am Eierstock verbergen, und hinter Rückenschmerzen eine gestörte Nierenfunktion - um nur einige Beispiele der komplizierten "Körpermechanik" zu nennen.
Zuerst begibt sich der Osteopath auf eine "diagnostische Reise" durch den Körper des Patienten. Mit seinen langjährig geschulten Händen versucht er, über die Gewebemobilität die Ursachen der Störung zu finden und die Zusammenhänge zu orten. Danach unterstützt er mit weichen und überwiegend mehr begleitenden als manipulierenden Techniken an den verschiedenen Geweben die Mobilität der dortigen Strukturen.
Ziel der Behandlung ist es, die Selbstregulierungskräfte des Organismus freizusetzen und dadurch dem Patienten zu helfen, sein individuelles Gleichgewicht wieder zu erlangen.
Der ganzheitliche Ansatz der Osteopathie ist in 100 Jahren ständig gewachsen und gehört heute in den USA und vielen europäischen Ländern zu den meist gefragten Behandlungsmethoden. Seit einigen Jahren gibt es die Osteopathie auch in Österreich.
In den USA wird die Ausbildung zum Osteopathen in einem Vollstudium absolviert; die Studenten schließen mit dem Titel des Doktors der Osteopathie ab und haben alle Rechte eines ordentlichen Arztes. In Europa existiert das gesetzlich verankerte Berufbild bislang nur in England, obwohl Osteopathie kontinentweit praktiziert wird. Im Rahmen der Rechtsstellung der nicht konventionellen Medizinrichtungen berät das Europäische Parlament derzeit unter anderem auch über die europaweite Anerkennung des Osteopathen.
Die Anzahl der notwendigen Behandlungen richtet sich nach Diagnose und Beschwerdebild, wobei chronische Beschwerden in der Regel längerer Behandlung bedürfen. In den meisten Fällen gelingt es, dem Patienten zur Beschwerdefreiheit zu verhelfen.